Bei 50 Prozent der Erbfälle werden in Deutschland Immobilien übertragen. Was man im Vorfeld beachten sollte, um Konflikte zu vermeiden und warum Erblasser das Thema gerne umschiffen.
Ende 2022 rückte das Vererben und Verschenken von Immobilien ins mediale Zentrum, weil Immobilien seit Jahresanfang 2023 bei der Besteuerung höher bewertet werden. Das bedeutet, dass die Erben beziehungsweise Beschenkten seitdem meistens mehr Steuern zahlen müssen als früher.
In diesem Zusammenhang wurde vielen Menschen klar, dass sie sich frühzeitig um eine Nachlass-Vereinbarung kümmern sollten. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Zwischen 2015 und 2024 sollen in Deutschland Immobilien im Wert von circa 2,73 Billionen Euro vererbt werden. Bei rund der Hälfte der Hinterlassenschaften sind Immobilien im Spiel. Etwa 50 Prozent der insgesamt 4,34 Millionen Objekte, die bis dahin übertragen werden, sind Einfamilienhäuser beziehungsweise Eigentumswohnungen. Rund 85 Prozent der Gebäude stehen in Westdeutschland (Quelle: Bundesbank, Statist. Bundesamt).
Frühzeitig eine Nachlassregelung finden, mit den Nachfahren reden
Vermögende Personen im fortgeschrittenen Alter sollten daher eine Nachlassregelung angehen, wenn sie (steuersparend) Immobilienvermögen zu Lebzeiten auf ihre Kinder oder Enkel übertragen oder ein Testament abschließen möchten. Oft wird um diese Fragen ein Bogen gemacht, weil sie sich ungern mit der eigenen Vergänglichkeit befassen. Wird keine Regelung gefunden, greift die gesetzliche Erbfolge. Nach dem Tod der vermögenden Eltern bilden dann in der Regel die Kinder eine Erbengemeinschaft und müssen sich gemeinsam über das geerbte Vermögen verständigen. Das birgt häufig Konfliktstoff.
Im Vorfeld können auch Geldbeträge an Nachfahren überwiesen werden
Daher sollten vermögende Eltern mit ihren Nachfahren ihre Pläne besprechen. So lassen sich spätere Konflikte in der Regel vermeiden. Manchmal will eine Tochter die elterliche Immobilie nicht haben, weil sie in einer anderen Stadt wohnt. Vielleicht braucht sie aber gerade Geld, um eine Eigentumswohnung zu erwerben. Nur wenn solche Wünsche auf den Tisch kommen, können Lösungen erarbeitet werden. In diesem Fall kann beispielsweise vereinbart werden, dass die Tochter schon jetzt eine größere Überweisung erhält. Das andere Kind bekommt nach dem Tod der Eltern die Immobilie und muss unter Umständen noch einen gewissen Betrag an die zuvor begünstigte Schwester überweisen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Beteiligten zu Lebzeiten kompromissfähiger sind, als wenn der Erblasser oder die Erblasserin verstorben sind. Dies bestätigen viele Mediatoren, die in diesem Bereich tätig sind und versuchen, mit zerstrittenen Erben ein einvernehmliches Ergebnis zu finden.
Gebäudesachverständiger sollte Verkehrswert des Hauses ermitteln
Werden Erben mit unterschiedlichen Vermögenswerten bedacht, dass etwa eine Tochter Geld und einen Pkw und die andere das Elternhaus erhält, sollte bei der Festlegung des Immobilienwertes ein Gebäudesachverständiger hinzugezogen werden, der den aktuellen Verkehrswert taxiert. Die damit verbundenen Ausgaben sind in der Regel gut investiertes Geld. Oft ist das Elternhaus nur ein vermeintliches Juwel und unter dem Strich weniger wert als Eigentümer und Nachfahren glauben. Die Gebäude wurden von der Familie meist mehrere Jahrzehnte bewohnt, oft wurden keine Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Hinzu kommt, dass seit Sommer 2022 die Immobilienpreise teils rückläufig sind. Das betrifft vor allem Objekte mit veralteter Heiztechnik, mangelhafter Dämmung und unzeitgemäßen Grundrissen. Solche vor dem Einzug nötigen Investitionen müssen bedacht werden. Sie mindern unter Umständen den Immobilienwert.