Abriss und Neubau von Immobilien waren früher selbstverständlich. Inzwischen wird dies häufiger vermieden: Es wird versucht Bestandsobjekte zu bewahren und zu modernisieren. Das hat mehrere Gründe.

Viele Jahrzehnte war es üblich, betagte Gebäude abzureißen, um an deren Stelle neue zu errichten. Der dabei entstehende beträchtliche Bauschutt wird zwar gesammelt und getrennt. Aber häufig endet er mindergenutzt im Straßenbau.
Mittlerweile werden Bestandsgebäude häufiger erhalten und mit umfassenden Maßnahmen modernisiert oder zu einem Büro- oder Wohngebäude umgenutzt, so dass alle zeitgemäßen Anforderungen hinsichtlich energetischer Sparsamkeit, moderner Technik und Grundrissgestaltung erfüllt werden.

Kürzere Genehmigungszeiten bei Bestandsanierung
Mehrere Gründe sprechen für diese Vorgehensweise. Zum einen sind die Bauzeiten kürzer, weil in der Regel die Erteilung einer Baugenehmigung für die Revitalisierung eines Bestandsgebäudes weniger Zeit benötigt als eine Genehmigung für einen Neubau. Unter Umständen kann sich der Bauherr auf Bestandsschutz berufen. So wurde in Düsseldorf vor einigen Jahren ein größeres Bürogebäude in der Nähe des Rheins in ein Wohngebäude umgenutzt. Nach aktuellem Baurecht hätte an dieser Stelle kein Wohngebäude dieser Höhe neu errichtet werden dürfen. In diesem Fall galt Bestandsschutz: Die vorhandene Höhe mit Blick auf den Rhein wurde gewahrt, weil das Gebäude erhalten wurde.

Ein weiterer Grund für ein Refurbishment eines vorhandenen Gebäudes sind die stark gestiegenen Kosten am Bau. Materialkosten und Löhne haben sich seit Anfang 2022 stark erhöht. Im Schnitt verteuerte sich das Bauen um 20 Prozent innerhalb eines Jahres. Die meisten Experten sind sich einig, dass die Preise auch künftig auf diesem Niveau bleiben.

Den gesamten Lebenszyklus im Auge haben
Ein weiterer Punkt einer Bestandssanierung den Vortritt vor einem Abriss einzuräumen sind ökologische Aspekte und Nachhaltigkeitskriterien. Über ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen eines Gebäudes entstehen bei der Herstellung und Errichtung, wie die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen in einer Studie herausfand. Denn Herstellung und Transport insbesondere von Beton und Stahl sind sehr energieintensiv. In Deutschland entfallen zehn Prozent des gesamten CO2-Verbrauchs auf den Bausektor. Dabei einrechnet sind die Emissionen für Herstellung, Errichtung sowie Entsorgung der (Bau)Materialien.

Bei der Modernisierung eines Bestandsgebäudes ist ein Großteil dieser sogenannten „grauen Energie“ bereits im Gebäude gebunden als vorhandenes Betonskelett, Fundament, Tiefgarage etc. Es entstehen also keine zusätzlichen Emissionen.

Fokus lag lange Zeit auf Energieverbrauch während der Nutzung
Lange Zeit wurde dieser Faktor übersehen: Es wurden immer nur die Energie- und CO2-Einsparungen für Heizen, Warmwasser und Kühlung während der Nutzung der Immobilie betrachtet. Mittlerweile hat auch die Bundesregierung zum Beispiel bei ihren Förderprogrammen die bereits im Gebäude gebundene graue Energie stärker im Blick. Um Fördermittel für den Bau eines Einfamilienhauses zu erhalten, müssen beispielsweise auch die Emissionen über den gesamten Immobilien-Lebenszyklus hinweg berücksichtigt werden.

Außerdem wurden die meisten Förderprogramme so umgestellt, dass Bestandssanierungen eher gefördert werden als Neubauten. Entsprechend gibt es Unterstützung etwa für den Einbau moderner Heiztechnik, neue Fenster und eine zusätzliche Gebäudedämmung, aber auch für den altersgerechten Umbau der eigenen vier Wände.