Weniger Immobilienkäufer, gesunkener Wohnungsneubau und mehr Menschen, die in Deutschland leben. Warum der Druck auf den Mietmarkt seit einem Jahr wieder steigt und warum kein Ende in Sicht ist.
Deutschland ist ein Land der Mieter. Mehr als jeder zweite Haushalt wohnt hierzulande in einer Mietwohnung. Es gibt nur ein europäisches Lan, die Schweiz, in der die Mieterquote vergleichbar gering ist. Besonders in Großstädten und Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet leben überdurchschnittlich viele Menschen zur Miete. In ländlichen Regionen ist die Eigentümerquote dagegen im Schnitt höher.
Viele Mieter, dabei vor allem Verbraucher, die nach einer neuen Wohnung suchen, müssen seit einigen Monaten wieder mit höheren Mieten rechnen. In Essen stiegen beispielsweise zwischen 2019 und 2023 die Kaltmieten für Wohnungen in guten Lagen von 10,90 auf 13 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Dies entspricht einer Steigerung von 19 Prozent. In Mülheim an der Ruhr kletterten sie von 10 auf 12,50 Euro (plus 25 Prozent) und in Oberhausen von 7,50 auf 9 Euro (plus 20 Prozent). Dies geht aus den Immobilienpreisspiegeln des Ring Deutscher Makler (RDM) Essen hervor.
Die meisten Mieterinnen und Mieter trifft dies zur Unzeit: Viele müssen bedingt durch Inflation und Geldentwertung seit Frühjahr 2022 mit real weniger Kaufkraft klarkommen. Der Anteil des Haushaltseinkommens, den sie für ihre Miete ausgeben, steigt. Immer mehr Familien, vor allem mit mehreren Kindern, müssen fast die Hälfte ihres Einkommens für die Miete aufbringen, warnen Wohlfahrtsverbände. Zwar hat die Bundesregierung zum Jahresanfang 2023 mit einer Reform des Wohngeldes den Kreis der Bezieher dieser Unterstützungszahlungen vergrößert. Aber es bleibt vermutlich ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Neubau stockt: hohe Zinsen, gestiegene Baupreise
Überdies ist zu befürchten, dass die Mieten auch in Zukunft klettern. Für diese Prognose gibt es eine Vielzahl von Gründen. 2022 wurden wesentlich weniger neue Wohnungen fertig gestellt als in den Jahren zuvor. Einer der Gründe sind die höheren Zinsen sowie die stark gestiegenen Baupreise. Laut statistischem Bundesamt erhöhten sich die Preise für den Bau von Wohnungen im Jahr 2022 um 16,4 Prozent. In den Jahren davor lag die Steigerung zumeist zwischen zwei und drei Prozent. Aufgrund dieser Entwicklung legten viele Bauträger geplante Projekte vorrübergehend auf Eis. Auch wurden kaum neue Vorhaben angestoßen. Dabei fehlen in Deutschland schätzungsweise 700.000 Wohnungen, nicht zuletzt, weil die Zahl der Einwohner erstmals auf über 84 Millionen gestiegen ist. Plante die neue Bauministerin pro Jahr 400.000 Wohnungen fertig zu stellen, so ist in den Jahren 2022 und 2023 eher mit einer Fertigstellungsquote von 220.000 bis 250.000 Wohnungen zu rechnen.
Hohe Zinsen wirken sich auf Entwickler und Verbraucher aus
Die höheren Zinsen wirken sich nicht nur auf die Projekte von Entwicklern aus, sondern auch auf die Käufer gebrauchter Wohnungen und Einfamilienhäuser. Wegen der gestiegenen Zinsen können sich viele Kaufinteressenten den Erwerb einer Immobilie nicht mehr leisten. Sie bleiben Mieter und tragen dazu bei, dass für Menschen, die eine Mietwohnung suchen, weniger Objekte frei werden.
Ein zusätzlicher Grund für weiterhin steigende Mieten sind Modernisierungsmaßnahmen, welche die Gebäude „klimafit“ machen, wie es Wirtschaftsminister Robert Habeck formuliert. Immobilien tragen beim Heizen und bei der Warmwasseraufbereitung zu etwa einem Drittel der CO2-Emmissionen in Deutschland bei. Das soll sich ändern, unter anderem durch den Einbau effizienter Heizsysteme, mehr Dämmung, den Austausch alter Fenster etc. Vermieter können diese Investitionen teilweise auf ihre Mieter umlegen und die Miete erhöhen.
Auch indexierte Mieten, die in immer mehr Wohnungsmietverträgen Einzug gehalten haben, verteuern aufgrund der höheren Verbrauchspreise das Wohnen.