Seit Frühjahr 2022 haben sich die Zinsen stark erhöht. Das verunsichert viele Immobilienkäufer, die ihr Traumhaus finanzieren wollen. Was sollten sie jetzt bedenken und warum Banken bei der Darlehensvergabe genauer prüfen.

Ukraine-Krieg und Energiekrise haben große Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Aber auch Verbraucher spüren die Veränderungen in ihrem Geldbeutel: Die Inflation, die 2022 teilweise bei zehn Prozent lag, frisst immer mehr von ihrem Haushaltseinkommen. Lohnsteigerungen, wie sie viele Branchen in den zurückliegenden Jahrzehnten kannten, können diesen Steigerungen (bislang) nicht mithalten. Wer jetzt ein Haus oder eine Wohnung sucht, muss sich bei der Finanzierung auf Veränderungen einstellen.

Zinssteigerungen kamen schnell und überraschend
Die Zinsen für ein Standard-Immobiliendarlehen erhöhten sich 2022 von ein auf vier Prozent. Eine solche Steigerung binnen weniger Monate ist historisch einmalig. Die Phase, in der davor die Zinsen von vier Prozent auf ein Prozent sanken, erstreckte sich auf über zehn Jahre.

Die rapide Erhöhung macht vielen Banken und Privatpersonen zu schaffen, noch dazu wo sich diese Entwicklung nicht abzeichnete, sondern überraschend kam. Ein Pluspunkt ist, dass es aktuell kaum Zinsunterschiede gibt zwischen Darlehen mit einer Zinsbindung über zehn, 15 oder 20 Jahre. Das war vor dem Zinssprung noch anders.

Monatliche Belastung hat sich oft verdoppelt
Die neuen Zinssätze tragen dazu bei, dass sich die monatliche Belastung für ein Haus oder eine Wohnung erhöht. Rieten Finanzierungsexperten früher dazu, dass die monatliche Belastung für das Abbezahlen der Immobilie bei etwa 25 Prozent des Haushaltseinkommens liegen sollte, so sollten Verbraucher nun 30 bis 35 Prozent einplanen. Vielleicht ist das mit Einschränkungen verbunden, etwa dem Verzicht auf den ein oder anderen Urlaub. Das sollten sich Immobiliensuchende bewusst machen und dazu bereit sein. Gleichzeitig darf die monatliche Belastung nicht so hoch sein, dass sie unvorhersehbare Ausgaben wie eine kaputte Waschmaschine oder eine Autoreparatur nicht mehr bezahlen können.

Banken prüfen genauer
Die meisten Banken prüfen die Immobilie genauer als früher (Objektanforderungen). Viele Finanzierungsexperten wollen einen Auszug aus dem Baulastenverzeichnis und bemaßte Grundrisse der Immobilie, die bei Bestandsimmobilien oft extra von einem Architekten angefertigt werden müssen. Zudem schauen sie sich genauer Zustand, Lage und mögliche Sanierungsstaus an.

Auch die Vermögenssituation der Darlehens-Anfrager wird von den Banken genauer geprüft (Bonitätsanforderungen). Aufgrund der Inflation stiegen die Lebenshaltungskosten. Daher setzten Banken höhere Beträge an, beispielsweise für Essen, Benzin, Energie- und Betriebskosten. Früher wurden beispielsweise für Betriebs- und Heizkosten 2,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche kalkuliert. Heute sind es vier Euro. „Das heißt, Immobilienkäufer müssen mit höheren laufenden Kosten für ihre vier Wände rechnen. Es sei denn, sie erwerben einen besonders energiesparenden Neubau. Der ist allerdings viel teurer als eine Gebrauchtimmobilie“, erläutert Stefan Pásztor, Immobilienmakler in Essen und Vorsitzender des Ring Deutscher Makler (RDM) Essen.

Zahl der Immobilienangebote hat sich erhöht
Das Gute an der derzeitigen Situation ist für Immobiliensuchende, dass sich die Zahl der angebotenen Häuser und Wohnungen in den meisten Regionen erhöht hat. Das heißt, sie haben eine größere Auswahl und müssen sich meistens nicht so schnell entscheiden wie in der Vergangenheit. Zudem gingen die Preise vielfach zurück. Je nach Alter, Zustand, Heiztechnik etc. können die Rückgänge bei fünf bis 15 Prozent liegen.