Die Grunderwerbsteuer wurde in der Vergangenheit von den Bundesländern häufig erhöht. Wegen der gleichzeitig steigenden Immobilienpreise fällt es Käufern immer schwerer, diese Kaufnebenkosten anzusparen. Im Schnitt müssen sie in Essen etwa sechs Jahre für den Steuerbetrag sparen. Die neue Bundesregierung hat das Dilemma erkannt und will Immobilienerwerber entlasten. Was plant sie?
Die Grunderwerbsteuer wird zunehmend kritisiert. Zum einen wurde die Steuer, die beim Kauf eines bebauten oder unbebauten Grundstücks vom Käufer zu entrichten ist, regelmäßig erhöht. Seit 2006 haben viele Bundesländer, die das Steueraufkommen auf diese Abgabe behalten dürfen, oft mehrmals erhöht – auch Nordrhein-Westfalen (NRW). Lag die Steuer 2006 in NRW noch bei 3,5 Prozent des Kaufpreises, so liegt sie aktuell bei 6,5 Prozent. Fast alle anderen Bundesländer haben es NRW gleichgetan. Lediglich Bayern und Sachsen haben auf Erhöhungen verzichtet. Außerdem betrifft die Steuer alle Haushalte gleichermaßen, egal wie hoch das verfügbare Einkommen ist. Fast alle anderen Steuerarten orientieren sich hingegen am Leistungsprinzip. Und weil fast überall die Immobilienpreise steigen, klettert auch der Steuerbetrag.
Große Unterschiede je nach Steuersatz, Immobilienpreisen und Einkommen
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat Ende 2021 eine Studie veröffentlicht, in der untersucht wurde, wie lange Privathaushalte für die Grunderwerbsteuer sparen müssen. Dabei wurde das Durchschnittseinkommen in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde einbezogen, die aktuellen Immobilienpreise für Einfamilienhäuser (130 Quadratmeter Wohnfläche) beziehungsweise Eigentumswohnungen (80 Quadratmeter) sowie die Höhe der Grunderwerbsteuer.
Das Ergebnis zeigt, dass es große Unterschiede gibt. Im Schnitt müssen Familien circa vier Jahre lang rund elf Prozent ihres Nettoeinkommens auf die hohe Kante legen, um die Grunderwerbsteuer für ein Einfamilienhaus begleichen zu können. In Berlin (hohe Preise, hoher Steuersatz, vergleichsweise geringe Einkommen) dauert es hingegen rund elf Jahre. In München etwa 6,6 Jahre (hohe Preise, hohe Einkommen, geringer Steuersatz). In Oberfranken oder in der Nähe der deutsch-polnischen Grenzen müssen Immobilienkäufer hingegen lediglich ein oder zwei Jahre sparen.
Für Essen errechneten die Wissenschaftler eine durchschnittliche Ansparphase von sechs Jahren. Single-Haushalte müssen für eine Eigentumswohnung im Schnitt etwa 5,5 Jahre sparen, Paare für ein Einfamilienhaus ungefähr 6,5 Jahre. Einpersonenhaushalte verfügen in der Ruhrmetropole über einen Netto-Verdienst von durchschnittlich 2.317 Euro. Eine 80 Quadratmeter große Wohnung kostet etwa 253.500 Euro.
Paare, die ein 130 Quadratmeter großes Einfamilienhaus erwerben möchten, das circa 487.240 Euro kostet, müssen etwa 6,5 Jahre Verzicht üben, um die Steuer begleichen zu können.
Kaufnebenkosten müssen aus Eigenmitteln beglichen werden
Das Besondere an der Grunderwerbsteuer ist, dass sie den größten Anteil der Kaufnebenkosten ausmacht. Dieser Kostenblock, zu dem auch die Maklerprovision, die Notar- und weitere Gebühren zählen, wird von den Banken nicht finanziert. Diese Summe muss als Eigenkapital nachgewiesen werden. Im Klartext bedeutet dies: Je länger Familien diese ansparen müssen, umso später können sie Wohneigentum erwerben und umso länger müssen sie ihre vier Wände abbezahlen.
Pläne der Regierung: Freibeträge oder geringerer Steuersatz
Dieses Problem hat auch die im September 2021 gewählte Bundesregierung erkannt. Sie will es den Bundesländern ermöglichen, Ausnahmen von der Besteuerung einzuräumen. Denkbar wäre, dass Käufer, die unterhalb eines gewissen Einkommens liegen, erstmals in ihrem Leben Wohneigentum kaufen und dieses selbst nutzen wollen, entweder von der Grunderwerbsteuer befreit werden könnten beziehungsweise ihnen ein geringerer Steuersatz eingeräumt werden könnte.
Bis es soweit ist, sind vermutlich einige Verhandlungsrunden zwischen Bund und Ländern nötig. Die Länder werden sich nur auf Reduzierungen einlassen, sofern sie im Gegenzug eine Kompensation für ihre Steuerausfälle erhalten.
Die Bundesregierung ahnt dies und kann sich vorstellen, Einnahmen, die aus dem Verbot so genannter Share Deals fließen, an die Länder zu überweisen. Share Deals sind von Immobilieninvestoren häufig verwendete rechtliche Konstrukte, um bei Immobilienverkäufen die Zahlung der Grunderwerbsteuer zu umgehen. Eine Möglichkeit, die im Übrigen private Haushalte nicht haben.