Viele Immobilieneigentümer sind verunsichert und fragen sich, ob die Corona-Krise den Wert ihrer Immobilie mindert. Über ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie lässt sich sagen, dass die einzelnen Immobilienarten (Wohnungen, Büros, Einzelhandel) unterschiedlich betroffen sind.

Der Wohnimmobilienbereich ist am wenigsten von der Pandemie tangiert. In fast allen Regionen sind die Immobilienpreise und Mieten stabil, teilweise sogar gestiegen. Insbesondere Klein- und Mittelstädte des Ruhrgebiets sowie ländliche Regionen profitieren sogar von der Ausnahmesituation. Hier stieg die Nachfrage nach Einfamilienhäusern seit März 2020 an. „Vor allem Menschen aus Großstädten suchen verstärkt in Kleinstädten und ländlichen Regionen eine neue Bleibe. Weil sie im Home-Office sind, die Kinder zuhause unterrichten müssen, benötigen sie mehr Platz. Außerdem sind ihnen Freiflächen wichtiger geworden wie eine Terrasse oder ein Garten“, beobachtet Stefan Pásztor, Immobilienmakler in Essen und Vorsitzender des Ring Deutscher Makler (RDM) Essen.

Ob diese Entwicklung langfristig ist, müsse sich in den kommenden Monaten zeigen. Immerhin deutet das aktuelle Immobiliensuchverhalten, das große Portale analysiert haben, auf eine stabile Nachfrage in kleineren Städten hin und damit verknüpft mit Wertsteigerungen.

Bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien ist die Prognose weniger eindeutig

Was die Wertentwicklung anderer Immobilienarten angeht, so ist das Bild weniger eindeutig, nicht zuletzt, weil die Datenlage noch dürftig ist. Für die Wertermittlung vermieteter Gewerbeflächen werden zwei Faktoren herangezogen. Erstens fließt die Mietentwicklung in die Berechnung ein sowie zweitens der Kapitalisierungszinssatz. Dieser gibt an, für welchen Betrag die Immobilie aktuell am Markt verkauft werden könnte. Hinzu kommen gebäudetypische Faktoren, wie die Laufzeit der Mietverträge für Büroräume oder Ladengeschäfte, der Zustand des Gebäudes, seine Lage, energetische Eigenschaften etc.

Obwohl erst wenige Zahlen vorliegen, lässt sich dennoch ein Trend absehen, nicht zuletzt was das Nachfrageverhalten betrifft und die Art wie Immobilieneigentümer auf die neue Situation reagieren. Würde man beispielsweise annehmen, dass Einkaufszentren stark an Wert verloren haben, weil viele Händler seit Monaten ihre Geschäfte geschlossen haben, so gibt es auch Ausnahmen: Supermärkte und Discounter haben ihre Umsätze in den zurückliegenden Monaten gesteigert. Und in Mülheim an der Ruhr wird das „Forum City“ in das „Forum Medikum“ umgebaut. Im Untergeschoss sowie im ersten Stock des Einkaufszentrums sollen Ärzte, Sanitätshäuser, Räume für Physiotherapie und Heilpädagogik entstehen und einen neuen Schwerpunkt bilden.

Unklar, wie viele Mitarbeiter nach der Pandemie im Home-Office arbeiten

Bei Büroflächen ist die Wertentwicklung schwierig einzuordnen. Die größte Unbekannte ist, ob auch nach der Pandemie viele Angestellte im Home-Office arbeiten wollen und können. Hierfür müssen ihnen ihre Arbeitgeber einen vergleichbaren Arbeitsplatz mit Schreibtisch, PC, Bürostuhl etc. zur Verfügung stellen wie im Büro. Im Moment gibt es hierfür Ausnahmeregelungen. Ob langfristig viele Unternehmen bereit sind, diese Kosten zu tragen, ist fraglich. Außerdem ist ersichtlich, dass Büroräume weiterhin als Ankerpunkt für den kreativen Austausch, Teambesprechungen, Schulungen und Projektarbeiten vonnöten sind. Corona zeigt außerdem, dass die wenigsten Mitarbeiter permanent im Home-Office arbeiten möchten.

Selbst manche Hotels kommen besser durch die Krise als man weithin glauben würde; die Gebäudewerte sind nicht zwangsläufig von Abwertungen betroffen. Insbesondere Budget-Hotelketten wie Motel-One und B&B-Hotels, die keine Gastronomie- und Tagungsflächen vorhalten, kommen mit einer geringen Bettenauslastung über die Runden. Häuser mit drei oder vier Sternen haben eher Probleme.