Die Corona-Krise wird vermutlich einige Unternehmen und Privatpersonen in finanzielle Schieflage bringen. Trotz der Bemühungen der Politik, vieler Hilfsgelder und Kredite. Worauf beide Gruppen achten sollten, um eine Insolvenz zu vermeiden, gerade unter Einbeziehung ihrer Immobilien, erläutert Stefan Pásztor. Er arbeitet als Makler und Zwangsverwalter in Essen sowie im Ruhrgebiet und kennt das Schicksal, das Immobilienvermögen nehmen kann, wenn finanzielle Engpässe entstehen.

Grundsätzlich rät Pásztor allen Personen und Unternehmern, die ihre Miete für Wohnung beziehungsweise Büro oder Geschäft in den nächsten Monaten nicht bezahlen können, mit ihrem Vermieter zu reden. Kann ein Wohnungsmieter pandemiebedingt seine Miete zwischen Anfang April und Ende Juni 2020 nicht oder nicht vollständig begleichen, darf ihm sein Vermieter aus diesem Grund nicht kündigen. Der Mieter hat bis zum 30. Juni 2022 Zeit, seine Mietschulden auszugleichen. Was viele nicht wissen: Der Vermieter kann auf die entgangene Miete aktuell 8,12 Prozent Verzugszinsen draufrechnen. Als Belege für die finanzielle Schieflage kann der Mieter beispielsweise eine Bescheinigung seines Arbeitsgebers einreichen, dass er gerade weniger verdient, weil er in Kurzarbeit ist.

Was bei Gewerbemieter gilt

Auch Mieter von Gewerberäumen sind vor einer Kündigung wegen Zahlungsrückstands geschützt, sofern sie ihre Miete zwischen Anfang April und Ende Juni dieses Jahres wegen der Corona-Krise nicht überweisen können; etwa, weil die Kommune die Schließung von Geschäften oder Restaurants anordnete.

Darüber hinaus können Vermieter und Gewerbemieter einen vorübergehenden Mietrabatt oder andere Vereinbarungen treffen. Diese sollten schriftlich als Ergänzung oder Nachtrag zum bestehenden Mietvertrag vereinbart werden. Erfolgt dies nur mündliche oder per E-Mail, erfüllt dies nicht die gesetzliche Schriftform. Der Mieter beziehungsweise Vermieter kann den Mietvertrag unter Wahrung der gesetzlichen Kündigungsfrist lösen.

Längst nicht jedem Gewerbevermieter ist es möglich, die Miete zu reduzieren beziehungsweise für mehrere Monate zu stunden. Insbesondere professionelle Immobilieneigentümer investieren ihre Einnahmen in neue Projekte oder Bestandsgebäude und verfügen selten über nennenswerte Rücklagen. „Häufig werden die Einkünfte aus den Kaltmieten im Rahmen eines Immobiliendarlehens des Vermieters an die finanzierende Bank abgetreten. Er hat also nicht unbedingt Ermessenspielraum, seinem Ladenmieter die Miete zu verringern. Viele Gewerbemieter wissen das nicht“, so die Erfahrung von Pásztor, der zudem Vorsitzender des Ring Deutscher Makler (RDM) Essen ist. Kurz: Die Bank muss bei abgetretenen Mieten mit der Mietreduktion einverstanden sein. Außerdem rät der Experte Unternehmen, ihre Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen, etwa Leasing-, Energie- oder Contracting-Verträge. Vielleicht lassen sich Kosten senken oder bessere Vereinbarungen treffen.

Tipps für laufende Immobilienkredite

Privatpersonen, die ein Darlehen für ihre Wohnung oder ihr Eigenheim abbezahlen und im Moment geringere Einkünfte haben, weil sie in Kurzarbeit sind oder weniger Aufträge haben, sollten sich mit der finanzierenden Bank im Verbindung setzen. Sind die Verdienstausfälle Folge der Pandemie, können Immobilienkredite zwischen 1. April und Ende Juni (vereinzelt auch länger, je nach Bank) gestundet werden. Außerdem kann über diesen Zeitraum hinaus der Tilgungssatz reduziert werden; fast alle Immobilienkredite sehen diese Flexibilität vor. Vielleicht räumt die Bank auch eine längere Darlehenspause ein.

Auch Vermieter, die mit den Mieteinnahmen das Darlehen für ihre vermietete Wohnung bestreiten und ihrem Mieter die Miete für drei Monate stunden müssen, können ebenfalls prüfen, ob sie ihrerseits die Zahlung des Darlehens stunden.

Ende des Jahres beziehungsweise Anfang 2021 könnten Insolvenzen zunehmen

Pásztor schätzt, dass Ende des Jahres beziehungsweise zum Jahresanfang 2021 vermehrt Personen und Betriebe in finanzielle Schieflage geraten könnten. „Viele Firmen und Solounternehmen werden bis dahin die Soforthilfen aufgebraucht haben, erzielen allerdings noch nicht die Umsätze wie in Vor-Corona-Zeiten.“

Zudem prognostiziert er, dass sich pandemiebedingte Mietausfälle künftig in Gewerbemietverträgen niederschlagen. So könnten Betreiber von Freizeitimmobilien wie Fitnessstudios, Bowlingbahnen oder Kinos in ihren Mietverträgen fixieren, dass sie bei einer verordneten Schließung den Mietvertrag einseitig kündigen dürfen. Oder es könnten nur noch Verträge, deren Miethöhe sich am erzielten Umsatz orientiert, vereinbart werden, anstatt Verträge mit Fixmieten. Das erschwert aus Sicht des Vermieters eine langfristige Planung regelmäßiger Mieteinkünfte und wird sich zudem bei künftigen Bewertungen der Immobilie beziehungsweise Anschlussfinanzierungen bemerkbar machen.

Zum RDM-Bezirksverband Essen

Der Ring Deutscher Makler (RDM), Bezirksverband Essen e.V., ist eine über 70 Jahre alte berufsständische Interessensvertretung von Dienstleistern rund um die Immobilie. In dem Berufsverband sind unter anderem Immobilienmakler, Verwalter, Finanzierer und Sachverständige vertreten. Die Mitglieder des RDM-Essen sind in der Region Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen, Bottrop, Gladbeck und Dorsten tätig. Wer Mitglied werden will muss Fachkenntnisse nachweisen und über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügen.

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